
Irre Kunst
Ich weiß gar nicht, wie ich diesen Blog anfangen soll. Ich schreibe einfach mal drauf los und hoffe, dass jeder mitkommt. Das Thema „Irre Kunst“ kam mir, als ich die Prinzhorn Sammlung in Heidelberg besuchte. Was ich alles gesehen habe und welche Eindrücke es bei bei hinterlassen hat, lest ihr in diesem Blog.

Als Künstlerin wollte ich natürlich sehen, wie und mit was gearbeitet wurde und welche Techniken angewandt wurden – soweit ich das in dieser Ausstellung erwarten konnte. Was ich dann alles erfahren und sehen durfte, hat mich sehr überrascht und nachdenklich gestimmt.
Die Prinzhorn Sammlung: Ein Ort der Inklusion
Die Prinzhorn Sammlung ist ein Museum für Kunst von Menschen mit psychischen Ausnahmeerfahrungen. Gegründet um 1900 am Universitätsklinikum Heidelberg, hat sie sich zu einem wichtigen historischen Ausgangspunkt für das wachsende Interesse an Outsider Art entwickelt. Mit einem einzigartigen Bestand von rund 40.000 bildkünstlerischen Werken, Texten und Musikstücken aus deutschsprachigen Ländern leistet das Museum einen bedeutenden Beitrag zur Entstigmatisierung und gesellschaftlichen Inklusion von Psychiatrie-Erfahrenen. (Quelle: Prinzhorn Sammlung).
Die aktuelle Ausstellung „Anima-L“ (noch bis 30.03.2025 zu sehen) bietet einen Einblick in die Welt der Tiere als Stellvertreter für seelische Ausnahmeerfahrungen. Hier werden historische und zeitgenössische künstlerische Werke präsentiert, die zeigen, wie Tiere Emotionen veranschaulichen, als Projektionsfläche für Identität dienen und menschliches Verhalten spiegeln.
Es werden Werke präsentiert, welche die Erschaffung und Bedeutung des Tieres und des Menschen, Untiere und fantastische Geschöpfe darstellen. Das Überleben des Stärkeren und die Erfahrungen der Menschen in den psychiatrischen Einrichtungen sind auf jeden der Bilder abgebildet. Werke auch von Künstlerinnen und Künstler, wie Hans Wühr, Catarina Gendriess, Hans Hamminger und viele mehr sind ausgestellt.



Material der Werke
Die Schöpferinnen und Schöpfer jener Zeit hatten nicht die Materialien zur Verfügung, die wir heute kennen. Oft gab es nur wenig Papier, keine Farben und keine Stifte. Es ist daher umso beeindruckender zu erfahren, aus welchen ungewöhnlichen Materialien die Werke entstanden sind. Es war nicht unüblich, alte Bücher oder sogar Toilettenpapier als Grundlage zu verwenden. Was als „Farbe“ diente, lässt viel Raum für die eigene Vorstellungskraft – ich überlasse es euch, darüber nachzudenken.
Doch nicht nur Malerei und Zeichnung fanden ihren Platz; auch wunderbare Stickereien und groteske Skulpturen wurden geschaffen. Einige Künstler hingegen hatten Zugang zu den benötigten Materialien und schufen damit ebenfalls beeindruckende Werke. Die Vielfalt und Kreativität, die in diesen Arbeiten zum Ausdruck kommen, sind bemerkenswert und zeugen von einem unerschütterlichen künstlerischen Geist.



Persönliche Eindrücke
Sehnsüchte, Ängste, Träume, Trost und der Wunsch nach Heilung werden in jedem der Bilder widergegeben. Die Werke zeugen von einer tiefen Emotionalität und Kreativität, die mich nachhaltig berührt haben. Ich bin fest entschlossen, weitere Ausstellungen zu besuchen, denn ich habe längst nicht alle Meisterwerke gesehen.
„Anima-L“ ist mehr als nur eine Kunstausstellung; sie ist ein Fenster in die Seelenwelt ihrer Schöpferinnen und Schöpfer. Die Verbindung zwischen Mensch und Tier wird hier auf eindrucksvolle Weise thematisiert und regt zum Nachdenken an. Ich lade jeden ein, diese faszinierende Ausstellung zu besuchen – es lohnt sich!
Mehr über den Psychiater und Kunsthistoriker Hans Prinzhorn unter Wikipedia.
Kleiner Tipp – geht sonntags in die Ausstellungen. An diesem Tag werden ab 11 Uhr kostenlose Führungen angeboten!